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FRIEDHOF

Der Alte Jüdische Friedhof befindet sich in der Dedestraße 23 (Ecke Dragonerstraße) 26135 Oldenburg Osternburg.
Öffnungszeiten montags, mittwochs und freitags 10.00 – 15.00 Uhr (außer an jüdischen Feiertagen und Schabbat/ Samstag)
Außerhalb dieser festen Öffnungszeiten können Sie den Schlüssel für das Eingangstor bei der Feuer- und Rettungswache 2 (Schützenhofstraße 14-16, 26135 Oldenburg) ausleihen und den Friedhof besuchen.

Neuer jüdischer Friedhof Sandkruger Str. 26 (Ecke Otto-Wels Str.), 26133 Oldenburg
Öffnungszeiten: Schlüssel erhältlich im Gemeindebüro

Männliche Besucher ab 13 Jahren werden gebetten eine Kopfbedeckung zu tragen.


Da der Alte Jüdische Friedhof seit dem Jahre 2000 keinen weiteren Platz mehr für Bestattungen bietet wurde am 9. November 2000 der Neue Jüdische Friedhof im Ortsteil Bümmerstede eingeweiht. Jedoch finden auf dem alten Friedhofsgelände weiterhin Bestattungen in bereits bestehenden Familiengräbern statt.

Bejth haChajim – Haus des Lebens oder Bejth Olam – Haus der Ewigkeit

wird im Hebräischen ein jüdischer Friedhof genannt. Da er nach jüdischen Religionsgesetzen ein Ort für die unantastbare, dauerhafte Totenruhe ist. Üblich sind Erdbestattungen.

Jüdische Gräber werden nicht eingeebnet und nicht wiederbelegt. Die Grabsteine, die im Judentum wichtig sind, bleiben zusammen mit den Gräbern auf Dauer bestehen. Dadurch kann man auf alten jüdischen Friedhöfen oft Spuren einer Jahrhunderte alten Geschichte erforschen. An der Gestaltung kann man die Geschichte der Gemeinde in Bezug auf die religiöse Entwicklung und in Bezug auf die sozialen und politischen Bedingungen, unter denen die Gemeinde lebte, nachvollziehen. Auch die jeweilige „Mode der Zeit“ spielt bei der Gestaltung der Grabsteine eine gewisse Rolle.

Hier ruht
Abkürzung des Satzes: „Möge die Seele aufgenommen sein in den Bund des ewigen Lebens.“

Diese hebräischen Schriftzeichen sind jedoch bis heute das verpflichtende Mindestmaß für die Gestaltung eines jüdischen Grabsteins neben der Erwähnung des Namen des / der Verstorbenen sowie des Geburts- und Sterbedatums.

Der Friedhof umfasst nach heutigem Erkenntnisstand circa 300 Grabstätten. Einige davon haben jedoch keinen Grabstein mehr, so dass eine genaue Aussage über die Anzahl der Grabstätten schwierig ist.


Geschichte des Alten Jüdischen Friedhofs zu Oldenburg

Am 27. Mai 1814 ersuchte der Vorsteher der Jüdischen Gemeinde die oldenburgische Regierung um die Genehmigung zur Errichtung eines Kirchhofes (Friedhof). Der Platz lag damals an der „Sandstraße“ (heute Dedestraße), noch außerhalb der Stadt Oldenburg, in der Nachbargemeinde Osternburg. Die oldenburgische Regierung genehmigte den Kauf des Grundstücks und die Errichtung eines jüdischen Friedhofes. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die oldenburgischen Juden in Varel-Hohenberge bestattet. Bereits im September 1814 fand die erste Bestattung hier in Oldenburg statt. Ein entsprechender Grabstein ist noch heute erhalten! Schon 1862 wurde das damalige, 850 qm große Gelände durch Zukauf auf die heutige Größe von 2.259 qm vergrößert. Der ältere Teil des Friedhofes befindet sich heute auf der hinteren rechten Seite (Straßenseite Dragonerstraße).

Eine Mauer schützt das Gelände seit 1866.

Am 1. März 1876 wurde der Verein „Gemilus Chessed“ in Oldenburg gegründet. In diesen heiligen Gemeinschaften (im hebräischen „Chewra kadischa“ genannt), kümmern sich auch heute jüdische Männer und Frauen ehrenamtlich um die Betreuung von sterbenden Gemeindemitgliedern und um die Vorbereitung der Beerdigung nach den jüdischen Ritualvorschriften. Mitglied einer solchen Gemeinschaft zu sein, gilt als „Mitzwa“, als religiöse Verpflichtung und Verdienst.

Bereits im Jahre 1917 hatte der damalige Landrabbiner David Mannheimer die Idee, eine Trauerhalle auf dem Friedhof errichten zu lassen. Im Jahr 1919 wurden die ersten Bauzeichnungen angefertigt, im Jahre 1921 fand die feierliche Einweihung der Trauerhalle statt. Das Gemeindemitglied Leo Leiser Trommer spendete damals das notwendige Geld für die Errichtung der Trauerhalle zum Gedenken an seinen einzigen, im Jahre 1918 gestorbenen Sohn. Der Entwurf der Trauerhalle stammt von dem Architekten Dr. Ing. Biebel. Bereits bei der Einweihung stachen besonders die damaligen Spruchbänder und das rund 2,5 qm große Bleiglasfenster im Inneren der Trauerhalle hervor.

In der Zeit des Nationalsozialismus fanden auch auf diesem Friedhof Schändungen statt.

Nach der Pogromnacht vom 9. auf den 10.November 1938, in der die Synagoge an der Peterstraße zerstört wurde, wurde am 10. November 1938 auch versucht, die Trauerhalle in Brand zu setzen. Dabei wurde zwar das Inventar und das große Buntglas-Fenster zerstört, auch der Innenraum verwüstet, das Gebäude selbst jedoch blieb in seiner Grundsubstanz erhalten.

In den Jahren 1941 bis 1943 wurden von den nationalsozialistischen Behörden auch nichtjüdische Personen auf dem Friedhof zwangsbestattet. Es handelte sich hierbei um insgesamt 56 Personen, mehrheitlich russische Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und Zivilinternierte (48), aber auch vier Polen, drei Ukrainer und eine Person unbekannter Staatsangehörigkeit, die aus dem Oldenburger Zwangsarbeitslager hierher verbracht und ´bestattet´ wurden. Erst 1948 wurden sie gemeinschaftlich in das Massengrab links des Friedhofseinganges umgebettet.

Das Grundstück wurde 1943 dem Besitz der Jüdischen Gemeinde durch die nationalsozialistische, antijüdische Gesetzgebung entzogen. Die „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“ übernahm den Besitz. Die Stadt Oldenburg interessierte sich damals für den Ankauf des Grundstücks. Eine Grundbuchumschreibung fand jedoch aufgrund des fortschreitenden Krieges nicht statt.

Bald nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Friedhof auf Anweisung der britischen Militärbehörde wieder in Stand gesetzt. Die Stadt Oldenburg wurde verpflichtet, die notwendigen Arbeiten durchzuführen und berichtet am 19. September 1945: „Der Friedhof ist in einem einwandfreien Zustand versetzt worden. Die künftige Unterhaltung des Friedhofes ist sichergestellt.“ Die Trauerhalle blieb weiterhin beschädigt.

Die ab 1945 wieder bestehende sehr kleine Nachkriegsgemeinde „Jüdische Kultusvereinigung Oldenburg“ tat das in dieser Zeit ihr Mögliche, Friedhof und Trauerhalle in einem funktionsfähigen Zustand bringen zu lassen und zu erhalten.

Eine Dokumentation über alle niedersächsischen Friedhöfe berichtet im Jahre 1971 wie folgt: „Oldenburg: Osternburg, Dedestraße; 2559 qm. Leichenhalle vernachlässigt und zerfallend; viel Unkraut und Abfälle.“

Kurz danach, im Jahre 1973 wurde die „Jüdische Kultusvereinigung Oldenburg“, aufgrund ihres Mitgliederschwunds mit dem Vermerk „Verein durch Wegfall sämtlicher Mitglieder erloschen“ aus dem Vereinsregister gelöscht. Die wenigen noch in Oldenburg lebenden jüdischen Menschen wurden damals der Jüdischen Gemeinde in Hannover zugeordnet. Der Friedhof wurde nun zunächst weiter durch den Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen mit Sitz in Hannover gepflegt und verwaltet.

Erst im Laufe des Jahres 1974 wurde die Trauerhalle mit finanzieller Unterstützung durch die Stadt Oldenburg komplett wiederhergestellt. Insbesondere das große Bleiglasfenster wurde dabei nach noch vorhandenen Originalunterlagen rekonstruiert. Im Jahre 1992 wurde die wiedergegründete „Jüdische Gemeinde zu Oldenburg e.V.“ in das Vereinsregister eingetragen, der 2. Versuch nach der Shoah, in Oldenburg wieder eine Jüdische Gemeinde aufzubauen. Durch Zuzug sog. „Jüdischer Kontingentflüchtlinge“ aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion wuchs diese Gemeinde innerhalb weniger Jahre wieder auf über 300 Mitglieder an und wurde 1998 wieder Eigentümerin des Jüdischen Friedhofes an der Dedestraße.

In den Jahren 1994 sowie 2016 -2018 erfolgten wiederum umfangreiche Renovierungsmaßnahmen der Trauerhalle.

Seit Juni 2021 gibt es ein Mahnmal mit Namen und Lebensdaten der Opfer, die im Massengrab von den Nationalsozialisten verscharrt wurden. Mit diesem Mahnmal soll Ihnen ein würdiges und namentliches Gedenken gegeben werden. Das Mahnmal wurde vom Künstler Amir Omerorovic geschaffen und auf Initiative der Stadt Oldenburg installiert.

Alter-Juedischer-Friedhof-Oldenburg


Isensee Verlag Martin J. Schmid

Das im Festjahr #1700 Jahre Judentum in Deutschland (2021) erschienene Buch „Bet Olam – Haus der Ewigkeit“ ist ein sehr wertvoller Beitrag. Es wird in besonderer Weise an der wechselvollen Geschichte des Alten Jüdischen Friedhofes zu Oldenburg deutlich, welche politischen Umbrüche es in den letzten beiden Jahrhunderten in Deutschland gegeben hat und wie sie das Leben nicht nur der jüdischen Bevölkerung beeinflusst haben. Bemerkenswert ist in dieser Hinsicht auch das Massengrab der mindestens 54 zumeist russischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter, die während des 2. Weltkrieges unter nationalsozialistischer Herrschaft auf diesem Friedhof in einem Massengrab zwangsbestattet wurden. Die Erinnerung an die Geschichte trägt dazu bei, sie nicht noch einmal erleben zu müssen.

Es befinden sich auf dem Friedhof die Gräber der Oldenburger Rabbiner Bernhard Wechsler, Rabbiner Dr. David Mannheimer und Rabbiner Dr. Philip de Haas, deren rabbinisches Wirkens in Oldenburg jeweils von den spezifischen geschichtlichen und politischen Umständen ihrer Amtszeiten geprägt war und die auch zu ihrer Zeit schon die unterschiedlichen Strömungen innerhalb des Judentums repräsentierten. Etliche Grabsteine verdeutlichen den kulturellen Einfluss, den Oldenburger Juden in der Stadt Oldenburg und im Oldenburger Land gehabt haben.

Ein Gang über den Friedhof ist mit den entsprechenden Hintergrundinformationen ist wie eine „Geschichtsstunde“. Jüdische Friedhöfe im Allgemeinen sind Zeugen jüdischen Lebens und jüdischen Sterbens. Jeder jüdische Grabstein ist ein Dokument.